Themenschwerpunkt

Schatzhüter

Truhentypen und ihre Konstruktion

Die Truhe ist das verbreiteteste und vielleicht wichtigste Möbelstück des historischen Wohnalltags. Als Universalbehältnis für Kleidung/Textilien, Hausrat und Vorräte gilt es als ältester Bestandteil des Mobiliars. 

Das Wort „Truhe“ (abgeleitet von althochdeutsch truha= Holz, Baum und druha= ausgehöhlter Stock) stand für „hölzerner Behälter“, wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts in Niederdeutschland eingeführt und in der Amtssprache verwendet. Zunächst blieb jedoch die Bezeichnung „Kiste“ für Truhen aller Art üblich. Erst im 19. Jahrhundert fand der Begriff Truhe als Synonym für Kiste und Koffer Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch, ehe er nach 1900 zum Oberbegriff für sämtliche Truhenformen geriet.

Die Truhentypen werden nach der Grundkonstruktion des eigentlichen Truhenkörpers unterschieden, dieser gilt als wesentlicher Teil der Truhe. Gattungsbezeichnungen, die sich an besonderen Merkmalen (z.B. Kufen) oder der Deckelform (z.B. Flach- oder Sargdeckel) orientieren, eignen sich nicht zur Klassifikation, da diese mitunter abhanden gekommen sind, ersetzt wurden oder auch an Truhenbauweisen mit regionalspezifischer Ausprägung (z.B. Bentheimer Stollentruhe mit Dachdeckel) auftreten.

Die Stollentruhe

Die Stollenbauweise gehört zu den frühesten Bauarten in der Möbelherstellung. Sie konnte auch von Zimmerleuten ausgeführt werden. Als „Stollen“ bezeichnet man vier senkrecht stehende Bretter oder Bohlen, die zugleich als Standfüße der Truhe dienen. Sie verlaufen über die gesamte Höhe der Truhe und bilden die tragenden Grundelemente dieses Truhentyps. In die Stollen sind die Wandbohlen bzw. -bretter eingenutet oder gezapft.

Die Standseitentruhe

Bei der Standseitentruhe tragen die beiden senkrechten Seitenbretter den Korpus. Sie sind dazu über den Truhenboden hinaus nach unten verlängert und weisen am unteren Ende oftmals Ausschnitte auf, um einen besseren Stand zu gewährleisten. Truhenboden und Wandbretter sind mit den Standseiten verzapft, vernutet oder verdübelt.

Die Kastentruhe

Die Kastentruhe hat keine Stollen oder Standseiten als Füße. Sie ist ein Holzkasten, der aus waagerecht verlaufenden Vorder- und Rückseitenbrettern sowie zwei Schmalseiten besteht. Die Bodenbretter sind unter die Wandung genagelt. Mitunter ist ihnen ein Fußbrett vorgeblendet. Kastentruhen können Kufen, Kugelfüße, Leisten oder gar keine Untergestelle haben.

Die Koffertruhe

Die Koffertruhe ist die entwicklungsgeschichtlich jüngste Form der Truhe und kann als Vorläufer des modernen Reisekoffers gelten. Der Korpus der Koffertruhe stimmt in Aufbau und Konstruktion mit der Kastentruhe überein, hat aber häufig nach außen geneigte Längsseiten. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist der Rund- oder Wölbdeckel. Als Standfüße dienen Eckklötze, Kugeln, Winkelbrettchen oder auch Räder.

Die „westfälische“ Beschlagtruhe

Eine regionale Sonderform, die in Westfalen zwischen etwa 1450 und 1600 vorkommt, ist die „westfälische“ Beschlagtruhe: Das wichtigste Merkmal ist ein dichter Eisenbeschlag auf dem Korpus, der aus parallel laufenden schmiedeeisernen Bändern besteht. Die Bänder laufen in Lilien, Kreuzblumen oder Rosetten aus und sind mit kräftigen, fast halbkugelförmigen Rundkopfnägeln befestigt. Der reiche Eisenbeschlag unterstreicht den repräsentativen Charakter dieser Truhen. Die „westfälische“ Beschlagtruhe ist im Norden und Osten Westfalens (Osnabrücker Raum, Ravensberger Land, Lippe) als Stollentruhe, am Hellweg und in Südostwestfalen als Standseitentruhe verbreitet.

Unsere "Schatzhüter"

Die Möbelsammlung des LWL-Freilichtmuseums Detmold umfasst mehr als 600 Truhen, darunter 230 Stollen- und Standseitentruhen und über 400 Kasten- und Koffertruhen.