Fotoarbeiten von Hildegard Kaup (1924-2016)
Das Schöne in den Dingen sehen – diese Einstellung verhalf Hildegard Kaup in besonderer Weise dazu, Momentaufnahmen des Alltages festzuhalten, die dem Betrachter sonst möglicherweise verborgen blieben. Die in Lippstadt geborene Fotografin vermachte dem LWL-Freilichtmuseum Detmold ihren fotografischen Nachlass, der auf großartige Weise die Sammlung des Museums erweitert.
Ihre Fotoarbeit „Die Blumenfrauen vom Viktualienmarkt“ zeigt in besonderer Art und Weise Momentaufnahmen Münchens, die das Alltagsgeschehen unmittelbar einfangen. Entstanden ist eine Bildserie, die die Arbeit der Blumenfrauen vom Pflücken der Blumen auf dem Feld, bis hin zum Binden und Verkaufen der Sträuße auf dem Markt dokumentiert.
Der Weg zur Fotografie
Hildegard Kaup wird 1924 in Lippstadt als Tochter des Wanderfotografen Josef Kaup geboren. Schon früh lernt sie die Fotografie kennen, wenn auch zunächst aus kindlicher Entdeckerlust.
1931 zieht sie gemeinsam mit ihren Eltern nach Geseke/Westfalen, wo ihr Vater sein eigenes Fotoatelier mit dazugehörigem Geschäft eröffnet. Wenngleich Hildegard als Kind gerne mit ihren Freundinnen im Atelier spielt, hat sie für ihre berufliche Zukunft zunächst andere Pläne: Sie möchte Ärztin werden. Ihre Mutter Maria ist es, die sie schließlich auf den Weg der Fotografie bringt. Da ihr Mann Josef mehrmals erkrankt, fürchtet Maria Kaup um die Zukunft des familiär geführten Ateliers.
Die Ausbildung zur Fotografin absolviert Hildegard Kaup von 1939-1942 bei ihrem Vater und besucht die Berufsschule in Dortmund. Bereits zu diesem Zeitpunkt nimmt sie ihrem Vater das Versprechen ab, nach ihrer Ausbildung auf die Bayerische Staatslehranstalt für Lichtbildwesen nach München gehen zu dürfen.
Die Münchner Studien
1948 zieht Hildegard Kaup nach München. An der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen ist es das erklärte Ziel, die Fotografen zu eigenständigen Persönlichkeiten zu entwickeln.
Erstmals ist Hildegard Kaup fernab der Familie auf sich alleine gestellt. Sie lernt neue Techniken und Methoden der Fotografie kennen, knüpft neue Kontakte und sieht sich mit einer anderen Welt jenseits des ländlichen Geseke konfrontiert. Themen wie „Berühmte Persönlichkeiten“ und Werbeaufnahmen stellen die Schülerinnen und Schüler ebenso vor große Herausforderungen wie die Trümmerfotografie im München der Nachkriegszeit. Gerade diese Bilder deprimieren Hildegard Kaup zunehmend, da sie – wie sie selbst sagt – das Landleben gewohnt war und eben keine zerstörte Großstadt.
Das Fotogeschäft
Hildegard Kaup kehrte 1949 nach ihrem Studienaufenthalt in München nach Geseke zurück. Die neuen Eindrücke aus der Großstadt nahm sie mit und versuchte, diese direkt im Atelier ihres Vaters umzusetzen. Sie modernisierten gemeinsam das Geschäft, welches Hildegard Kaup nach dem Tod ihres Vaters 1958 schließlich übernahm. Durch ihre Heirat mit dem Fernsehmechaniker Martin Fiedler trug das Geschäft nun den Namen Fiedler-Kaup.
Ihre große Hingabe für die Fotografie wird auch an den Preisen deutlich, die sie mehrfach für ihre Schaufenstergestaltung erhielt. Neben ihrer geschäftlichen Tätigkeit trat sie als eines der ersten Mitglieder dem europäischen Fotografenbund „Colour Art“ bei und stand im stetigen Austausch mit anderen Kollegen.
1986 gab Hildegard Kaup, jetzt Schlinkheider, das Atelier auf und verpachtete es an ein Ehepaar, das sich auf ihre Zeitungsannonce meldete. 55 Jahre blieb das Fotogeschäft insgesamt in Familienhand.