Kutschkarre
Kutschkarre auch als Gig bezeichnet, für den Transport einer Person. Die leichte Karre besteht aus einer gefederten Achse, an der zwei Speichenräder mit einer Spurweite von rund 136 cm (preußische Normalspur) laufen und dem darauf aufsetzenden Kastenaufbau. Die gepolsterte Sitzbank im Karrenkasten bot während der Fahrt nur einer Person und einem kleinen Gepäckstück Platz. Gesteuert wurde die Kutsche als "Selbstfahrer" von der auf der Sitzbank hockenden Person, die das zwischen den Scherbäumen (Scherdeichsel) eingespannte Zugtier lenkte.
Tonneaus, Gigs und andere Kutschkarren galten um 1900 als leichtgängige und günstige Alltagsfahrzeuge, die häufig als Alternative zur umständlicher anzuspannenden Kutsche für kurze Fahrten zum Markt, zur Kirche oder zur Spazierfahrt genutzt wurden. Als Zweitfahrzeug, häufig aber auch als einzige Kutsche, waren Kutschkarren auf den meisten pferdehaltenden Höfen verbreitet. Darüber hinaus waren sie auch im kleinstädtischen Kontext als Dienstwagen bürgerlicher Berufsgruppen verbreitet, die wie Anwälte, Ärzte oder Pastoren mobil sein mussten. Diese Kutschkarre gehörte zum Inventar des Hofes Osthus im heutigen Bielefelder Stadtbezirk Senne. Der seit dem 13. Jahrhundert erwähnte Hof gehörte zu den ältesten und profitabelsten der Gemeinde. Die Familie Osthus gehörte zu den politisch einflussreichsten Honoratioren und stellte insbesondere in der Blüte des Hofs im 19. und frühen 20. Jahrhundert Amtmänner und Kreistagsabgeordnete. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der weiterhin wachsende Betrieb zu einem der größten Milchwirtschaftsbetriebe in Westfalen.