Branntweinschale
Flache Ohrenschüssel aus Zinn mit zwei ausladenden, durchbrochen ornamentierten Griffen und floraler Stichelgravur (Verzierung, die mit einem spitzen Werkzeug in das Material graviert wird). Die Meistermarke besteht aus einem Rad, der Jahreszahl 1769 und den Initialen "[L]DB Q" auf der Innenseite, sowie den eingravierten Initialen "A.C.G." an der Seite.
Die gesellschaftliche Einbindung von Alkohol in Gebräuche und Rituale, feierliche Anlässe und sakrale Prozeduren ist so alt wie das Brauen und Brennen selbst. Auch die Tradition der Branntweinsuppe geht zurück bis in das 17. Jahrhundert. Wohl ausgehend von der niederländisch-friesischen Küstenregion, breitete sich der Genuss gesüßten Branntweins über den gesamten Nordwesten aus. Was in Niedersachsen als „Kalt[e]schale“ bekannt ist und meist mit eingebrocktem Honigkuchen genossen wurde, aß der Ostfriese mit Rosinen und Zucker („Ostfriesische Bohnensuppe“). In Westfalen wurde dem Branntwein für gewöhnlich Kandelzucker zugemischt. Gereicht wurde die Branntweinsuppe in entsprechenden Branntweinschalen. Zu diversen feierlichen Anlässen, wie beispielweise Hochzeiten, ging diese mit ihrem gesüßten Inhalt, ausgestattet mit zwei flachen Griffen für besseres Umherreichen, unter den Gästen reihum. Der Inhalt wurde mit einem Löffel mit runder Laffe verköstigt. Die Praktik der umhergereichten Branntweinschale erschließt sich aus überlieferten Rechnungsbüchern, Reiseberichten und Inventaren aus der Zeit vom 17. bis 19. Jahrhundert. Waren die Schalen der betuchteren Gesellschaftsgruppen meist aus Silber, so bestand sie auf dem Lande für gewöhnlich aus irdenem Material. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte die zinnerne Branntweinschale ihren Einzug gefunden. Das Datum der Meistermarke weist nicht auf das Entstehungsjahr der Schüssel, sondern auf die Verordnung des Osnabrücker Hochstift des Jahres 1769 hin. Um fremde Hausierer und den Verkauf von Gegenständen mit einem zu hohen Bleigehalt zu stoppen, sollten die Zinngießer ihre Ware fortan mit entsprechenden Stempeln versehen: Eine Krone für ein Verhältnis der Zinn- und Bleilegierung von 9:1 und ein Rad für ein Verhältnis 3:1. Zudem musste ein Vermerk zu Name und Ort des Herstellers enthalten sein.
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Objektdaten
- Höhe 6.1 cm
- Durchmesser 17.2 cm
- Durchmesser 30 cm